Collie-Erziehung

Emily (9 Jahre alt) erzieht Biene (6 Monate)

Gedanken zur Collieerziehung

Update Oktober 2012: mein Plädoyer für eine positive Hundeerziehung mit weiteren Bildern!

Collies sind weiche Hunde. Sowohl innen wie auch außen :-)….

Sie fühlen die Stimmung ihrer Menschen ganz genau und leiden unter Druck und Härte. Ungeduld und schlechte Laune gehen gar nicht und sind nur kontraproduktiv. Collieerziehung ist also auch immer ein Selbsterziehungsprozess. Unsere Hunde erwarten, dass wir freundlich und höflich ihnen gegenüber sind. Statt einem gebrüllten “SITZ” möchten sie lieber ein “Setz dich bitte hin!” hören – und das funktioniert noch dazu meist viel besser! Laut werde ich meinen Hunden gegenüber eigentlich nur, wenn Wild im Spiel ist. Und das ist dann auch umso beeindruckender!

Natürlich geht es bei den Hunden untereinander sehr viel weniger “sanft” zu. Auf den Bildern unten erzieht Emily die 5 Jahre jüngere Maja mit einem blitzschnellen Schnauzengriff. In dieser Szene ging es um einen Ball. Fast täglich disziplinierte sie so die Kleine, meist wegen zu ungestümen Benehmens. Maja nahm es ihr nicht übel – wie man auf dem letzten Bild sieht, schüttelte sie sich und gut war’s. Aber schön finde ich Emilys selbstzufriedenen Gesichtsausdruck, während sie davon trabte – das war mal wieder nötig gewesen 🙂 !

Kurzhaarcollies

Kurzhaarcollies

Kurzhaarcollies

Maja schien immer genau zu wissen, worum es Emily geht. Leider sind wir weder genauso schnell, noch genauso eindeutig. Und unsere Anforderungen an die Hunde sind völlig andere. Emily sagt nur “mein Ball, mein Knochen, mein Liegeplatz”. Da erwarten wir doch ganz andere Dinge von unseren vierbeinigen Begleitern.

In der traditionellen Hundeerziehung (und Kindererziehung 8-O!) wird erwünschtes Verhalten gerne weitgehend ignoriert und unerwünschtes bestraft. Keine Frage, dass das durchaus auch funktioniert – aber zu welchem Preis. Und – es ist überhaupt nicht einfach wirkungsvoll zu strafen. Denn wir wollen schließlich “nur”, dass der Hund aufhört, Jogger anzubellen, nicht, dass er durch eine Strafe verknüpft, dass Jogger potentielle Feinde sind…..

Mit stärkeren „Einwirkungen“, wie Strafe heute gerne euphemisiert wird, bin ich darum ausgesprochen zurückhaltend.
Strafe funktioniert, keine Frage! Sie muss aber, um erfolgreich zu sein:
1. punktgenau erfolgen
2. beeindruckend heftig sein
und 3. zuverlässig immer eintreten.

Das alles in der Praxis der Hundeerziehung umzusetzen ist alles andere als einfach – davon mal ganz abgesehen, dass die nötige Heftigkeit schnell tierschutzrelevant wäre.

Hier ein Beispiel aus unserem Alltag: Emily fängt gerne Wespen und Bienen und zerbeißt sie. Natürlich wird sie dabei immer wieder gestochen. Alle oben genannten Punkte sind also gegeben. So ein Wespenstich ist unmittelbar mit dem Beißen verbunden und beeindruckend schmerzhaft.

Das Ergebnis könnte nun ganz verschieden ausfallen:
Möglichkeit 1: sie ignoriert seitdem Wespen (das wäre erwünscht :-)!)
Möglichkeit 2: sie hat nun Angst/Panik vor allen brummenden Insekten (und solche Hunde gibt es öfters als man glaubt!)
Möglichkeit 3: sie hasst sie nun umso mehr.

Nun ist Emily und die Wespenjagd leider ein Beispiel für Nummer 3…

Dies macht mir immer wieder klar, warum es eine schlechte Idee ist, Hunde fürs Anbellen von Joggern usw zu bestrafen….

Wir wissen heute so viel besser, wie Lerntheorien in unserem Sinn eingesetzt werden können, ohne handgreiflich werden zu müssen (und da gehört auch der gute, bzw schlechte, alte Schnauzengriff dazu!) Ja, es ist immer wieder eine Herausforderung, sich zu überlegen, wie man ein Problem positiv angehen könnte. Aber der anschließende Lernerfolg ist für Hund und Mensch so erfreulich, dass sich jede Anstrengung lohnt!

Positive Hundeerziehung

Also habe ich an mir selber gearbeitet. Jedes erwünschte Verhalten wird verstärkt, sei es durch Futter, durch Lob oder Spiel. Wenn ich mich so beobachte, kommen auf jedes Nein!/Ähäh!/Lass es!/Hey! mindestens 50 positive Rückmeldungen! Ich achte beim jungen Hund auf viele belohnenswerte Kleinigkeiten, wie den Blickkontakt unterwegs, die kurzzeitig lockere Leine, die kurze Konzentration auf mich, wenn es Ablenkungen gibt usw.
Vor allem beim Welpen und Junghund versuche ich außerdem selbstbelohnendes Verhalten (Essensdiebstahl, Jagen, Sachen ankauen) schon im Vorfeld zu verhindern: der Kuchen steht weit außer Reichweite, die Küchentür ist geschlossen, beim geringsten Wildverdacht benutze ich die Leine und dem jungen Hund steht ständig frisches Holz zum Nagen zur Verfügung.

Es ist erstaunlich, wie weit man so ohne negative Einwirkungen kommen kann, gerade bei einem jungen Collie. Für vieles, was der Hund lernen soll, wäre Druck sowieso eher kontraproduktiv. Das gilt für alles auf dem Hundeplatz, sowie auch für all die Tricks, die meine Hunde so gern und schnell lernen.

Der Kurzhaar-Collie ist kein Hund, der unter Druck gut lernt. Für ihn ist das Clickertraining wie geschaffen. Denn es bedeutet, dass er ausschließlich über positive Erfahrungen lernen darf.

Beim sogenannten freien Shapen bringt sich der Hund das von seinem Menschen gewünschte Verhalten praktisch selber bei. Während im konventionellen Training der Mensch aktiv ist und den Hund lockt, ist der Hund jetzt der aktive Partner. Der Hundeführer beobachtet lediglich genau und bestärkt die richtigen Verhaltensansätze in kleinen Schrittem. Durch Versuch und Irrtum lernt der Hund schnell, was Erfolg, das heißt Clicks, bringt.
Die Aufgabe des Menschen ist es nun, das gewünschte Endverhalten in kleinste Lernabschnitte zu unterteilen und dann ein guter Beobachter zu sein, um möglichst zeitgleich zum gezeigten Verhalten clicken zu können.

Ganz so frei arbeite ich nur selten. Es ist interessant, aber doch recht zeitaufwändig. Meist helfe ich nach, bei meinen erfahrenen Hunden auch verbal.

Ein netter neuer Trick war in letzter Zeit zB das Geben der Hinterpfote. Jeder Hund kann “Pfote” geben – aber die Hinterpfote??? Als Hilfe berührte ich die jeweilige Pfote leicht und clickerte dann jede Bewegung. Das war oft einfach ein Schritt zurück – aber es ging dann schließlich doch in die gewünschte Richtung und beide heben nun die Hinterpfote auf Aufforderung (und längst ohne Berührungshilfe) weit hoch und stellen sie mir auf die Hand. Sehr lustig :-)!

Inzwischen ist der Clicker auf jedem Hundeplatz zu finden. Beim Training habe ich ihn in der Hand. Wenn es aber “zwischendurch” Verhalten gibt, das ich bestärken möchte, nehme ich gern den praktischen Zungenclick, der mir jederzeit schnell und unauffällig zur Verfügung steht. Ein Markerwort wie zB “Yep!” ginge natürlich auch. Der Unterschied zu einem einfachen Lob wie “fein” und einem Markersignal oder Clicker ist, dass auf letztere IMMER eine Belohnung folgt.

Wenn ich wirklich punktgenau bestärken will, nehme ich möglichst den Clicker. Ebenso bei größeren Ablenkungen, z.B. Fremdhunden, Katzenbegegnungen oder Wild hat der Clicker Vorteile vor dem Markerwort. Mit dem typischen Clickergeräusch scheine ich sie in schwierigeren und/oder stressigen Situationen eher zu erreichen.

Auch unsere Welpen werden bei uns schon in ihren ersten Wochen ganz nebenbei auf den Clicker bzw. den Zungenclick konditioniert. Denn in den letzten Jahren ist mir seine Verwendung so selbstverständlich geworden, dass selbst Besucherhunde automatisch angeclickt werden…

Die Reihe der Kunststückchen die sich meine Hunde im Laufe der Zeit und oft ganz nebenher angeeignet haben, ist inzwischen beeindruckend lang. Sie lieben es, sie vorzuführen und ich freue mich vor allem bei Kinderbegegnungen und bei ängstlichen Menschen, wenn Hemmschwellen fallen, weil die Hunde ja so nett sind und so viel können….

Mehr zu positiv arbeitenden Hundeschulen habe ich hier zusammengestellt!

Und zum Abschluss noch ein Zitat zum Schluss von Dr. Ute Blaschke-Berthold:
“Wer sagt, dass zuverlässiges Verhalten bei diesem oder jenem Hund nicht ohne Strafe erreichbar ist, sagt nichts über den Hund aus, sondern beschreibt erst einmal seine eigenen Fähigkeiten.”

Holly, 3 Jahre alt