Abschied vom Rassehund?

Ursprünglich am 27. April unter “Aktuelles 2022” veröffentlicht, wurde ich gebeten, es auch auf eine eigene, verlinkbare Seite zu setzen und zu ergänzen….


Muss es unbedingt ein Rassehund sein? Natürlich nicht! An meinen Caspar denke ich nach wie vor voller Wehmut. Könnte ich ihn klonen…..
Aus diesem Wunsch heraus und weil mir Caspars Welpenzeit immer fehlte, wandte ich mich vor ziemlich genau 20 Jahren dem Kurzhaarcollie zu. Damals wartete ich auf Emilys Geburt, die dann am 25. Juli 2002 geboren wurde und uns 15 Jahre und 7 Monate begleiten durfte. Für mich gibt es Gründe für beides – den Rassehund und den Tierschutzhund und ich habe immer wieder Mühe entsprechende Anfeindungen zu verstehen.

Nun soll es allerdings dem Rassehund an den Kragen gehen. Wie eine Welle schlagen gerade die Auswirkungen des neuen Tierschutzgesetzes über uns zusammen. Plötzlich sind alles Qualzuchten: nicht nur die zum Teil wirklich viel zu kurzen Schnauzen, sondern auch einzelne fehlende Backenzähne (die sog. P2), angeborene Stummel- und Ringelruten (wie zum Beispiel beim Corgi, dem Appenzeller oder dem Akita), geschorene und geschnittene Schnauzen (wie beim Pudel), zu lange Ohren (wie beim Cocker Spaniel und vielen anderen Jagdhunden).

Kalalassie’s like a knight in shining armour, “Vincent”

Vieles sind sogenannte Übertypisierungen und damit oft wirklich problematisch: immer mehr, immer länger, immer kürzer, immer größer, immer kleiner usw.. Mit meiner Rasse suchte ich mir einen Hund aus, der nicht unter diesen Übertypisierungen leidet. In unserer Database findet man historische Hunde, die nach wie vor im Ring laufen könnten (Beispiel, vor knapp 120 Jahren (!) geboren). Aber auch wir sind betroffen und zwar mit der Farbe Merle.

Dass homozygotes, also durch beide Eltern verdoppeltes Merle, definiv tierschutzrelevant ist, ist klar. Das bringt schlimme Behinderungen mit sich. So ist es auch in allen Zuchtordnungen verboten und ich weiß von keinem einzigen deutschen Fall in all den Jahren, in denen ich die Kurzhaarcolliezucht verfolge. Aber genetische Carrier werden gerade ebenso kritisch gesehen und das betrifft nicht nur Merle, sondern auch unsere anderen durch genetische Tests abtestbaren rezessiven Defekte.

Kalalassie’s my little Drummer Boy,  “Merlin”

Die Auswirkungen überrollen uns gerade. Für die ersten großen Hallenausstellungen wurden nun sehr kurzfristig zum großen Teil nicht mehr erfüllbare gesundheitliche Untersuchungen gefordert. Sogar für Besucherhunde. Die CACIB in Neumünster wurde gerade abgesagt. Erfurt und Dortmund wackeln. Sollte es auch unsere Clubschauen auf der grünen Wiese treffen, sind Ankörungen nicht mehr möglich. Und auch den gesamten Hundesport wird es betreffen.

Nicht, dass es keinen Grund für Kritik und keinen Verbesserungsbedarf gäbe. Gerade in der kontrollierten Rassehundezucht des VDHs wäre das aber möglich und es ist ja nicht so, als ob nichts getan würde. Den Hund mit dem Bad auszuschütten hilft da nicht wirklich.

Emily an ihrem 15. Geburtstag!

Meine ganz persönlichen Wünsche für meine Rasse:

Insgesamt wird der Kurzhaarcollie bei Ausstellungen doch sehr gut nach Funktionalität bewertet.  Davon abgesehen, wird der Fokus allerdings immer wieder stark auf die korrekte Ohrenhaltung gelegt.  Stehohren bedeuten für (zu) viele Richter ein automatisches “Gut”, was einer zuchtausschließenden Bewertung gleichkommt.  Alles wunderbar, steht dann im Richterbericht, aber leider mit Stehohren und deshalb nur ein “G”.

Mehr Beachtung wünsche ich dagegen den Pfoten.  Durchtrittigkeit ist bei alten Collies ein echtes Problem und mindert die Lebensqualität.

Gestresster Ausstellungshund 😉 – Tulip 2021

Weiter wird vom Club der enge Genpool der Kurzhaarcollies nicht gesehen.  Wir ließen in Deutschland vor kurzem ca. 30 Hunde auf genetische Vielfalt und Heterozygotie bei Feragen untersuchen und das Ergebnis zeigte, dass sie allesamt viel zu eng miteinander verwandt sind.  Da machte es auch keinen Unterschied, dass es Hunde aus verschiedenen europäischen Ländern oder sogar Übersee waren.  Leider bin ich davon überzeugt, dass uns auch eine Einbeziehung der Langhaarcollies nicht wirklich weiterhelfen wird. Unser Zuchtbuch ist geschlossen.  Langfristig muss man (wie sicherlich bei fast allen Rassen) auch über kontrollierte Fremdeinkreuzungen nachdenken – aber das werde ich wohl nicht mehr erleben….

Wird die Rassehundezucht nun allerdings weiter massiv eingeschränkt, wird es wohl niemand erleben.  Spannend, wie der freie Markt reagieren wird.  Übrigens liegt der Anteil der VDH-Hunde bei den sogenannten Rassehunden bei ca 15% – je beliebter, desto weniger VDH!  Aber wir sind greifbar. Und angreifbar.

Quelle:  VDH Geschäftsbericht 2021

PETAS Ziel ist ein “gänzliches Verbot der Rassehunde- und Rassekatzenausstellungen” (Oberhessische Zeitung, 27.4.2022). Und als nächstes kommt dann das Zuchtverbot. Ob unsere Hunde dann in Zukunft nur noch aus Rumänien, Griechenland und Spanien kommen werden? Und die “Rassehunde” aus Polens Schweineställen?

An erster Stelle ein Link zu einer hervorragenden Zusammenfassung einer Rechtsanwältin und Saluki-Züchterin
Hier ein Artikel zum Thema von unserem Club
Die dazugehörige Petition
Und noch ein guter öffentlicher Facebook-Link